Sonntag, 12. Februar 2017

„Kichkas Frühstück“


Künstler: Daniel Spoerri
Der Schweitzer Daniel Spoerri wurde am 27.05.1930 in Galati, heutigem Rumänien, geboren. Er ist ein bekannter Künstler, war auch Tänzer und Regisseur und einer der bedeutendsten Vertreter der Objektkunst. 1960 wurde er zum Mitbegründer der „Nouveau Realissme“, übersetzt „der neue Realismus“. Die Künstler der Nouveau Realisme versuchten dem Betrachter ein leichter verständliches Bild von sich bzw. ihrer Idee zu geben. 1968 gründete er in Düsseldorf das „Restaurant Spoerri“ und die dazugehörende „Eat Art Galerie“, womit er zum Begründer der Eat Art Gattung wurde. Von 1978-1982 war er als Professor in Köln tätig. Die nächsten sieben Jahre unterrichtete er an der „Akademie de bildenden Künste“ in München. Zu diesem Zeitpunktschrieb er mehrere Kochbücher, welche jedoch mehr künstlerischen als praktischen Wert besaßen. Im Jahr 1997 eröffnete Daniel Spoerri in der Toskana einen Künstlergarten, in dem über hundert Installationen von ihm und seinen Freunden ausgestellt sind, ein Gutteil davon Werke in Bronze.
Seit 2007 lebt der Schweizer Künstler in Wien.
Daniel Spoerri wurde vor allem durch seine „Fallenbilder“ und der „Eat-Art“ bekannt. Fallenbilder, auf französisch „Tableau Piège“ sind.
Daniel Spoerri gab folgende Definition: „Gegenstände, die in zufälligen, ordentlichen oder unordentlichen Situationen gefunden werden, werden in genau der Situation, in der sie gefunden werden, auf ihrer zufälligen Unterlage (Tisch, Schachtel, Schublade usw.) befestigt. (..) indem das Resultat zum Bild erklärt wird, wird Horizontales vertikal. Beispiel: Die Reste einer Mahlzeit werden auf dem Tisch befestigt und mit dem Tisch an der Wand aufgehängt.“
Es wird somit ein Teil des Alltags eingefangen und fixiert, wie in einer Falle.
Die Fallenbilder sind eine bestimmte Art der Assemblagen.
Die Eat-Art beschreibt die Kunst rund ums Essen und was dazugehört. Zentrale Themen von Daniel Spoerri sind dabei zum Beispiel der Geschmacksinn des Menschen und das Hinterfragen von Essgewohnheiten. Denn der geborene Rumäne sieht Essen und Kochen ale einen Teil des Lebenszyklus.
„Kichkas Früstück“ wurde 1960 von Daniel Spoerri entworfen und ist eines seiner bekanntesten Werke. Die Assemblage ist eines der berühmtesten Fallenbilder und wurde von MoMA aufgekauft.
Das Bild zeigt einen schwarzen, alt wirkenden hölzernen Stuhl, auf dem ein von orangefarbenen Papier überzogenes Brett geklebt ist. Diese Kombination soll einen selbst konstruierten Frühstückstisch darstellen. Darauf steht ein eher ungewöhnlicher Aschenbecher mit Asche und alten Zigarettenkippen, zwei weiße Schüsseln mit Essensrückständen und eine Kaffeekanne aus Metall. Außerdem kann man ein Trinkglas, zwei Eierbecher, eine Salzdose, zwei weitere Dosen und zwei Löffel sehen. An fast allen Gegenständen sind Essensreste, die durch Konservierungsstoffe haltbar gemacht wurden. Alles ist am Tisch festgeklebt, der an der Wand hängt bzw. „steht“.
Die Anzahl der Schüsseln liegt nahe, dass zwei Personen hier ein dürftiges Frühstück zu sich genommen haben. Offenbar waren sie nicht wohlhabend, was die Brett-Stuhl-Kombination anstelle eines Tisches andeutet. Dennoch saßen sie wohl länger zusammen, was die Zigarettenkippenanzahl vermuten lässt.
Vielleicht gab es eine Unterbrechung ihrer gemeinsamen Mahlzeit; weshalb sie alles stehen und liegen ließen. Der Künstler wollte sich wohl an einen ruhigen Moment erinnern.
Es bleibt die Frage offen: Wer ist Kichka? Daniel Spoerri nannte sein Fallenbild „Kichkas Frühstück“, aber er erklärte nicht warum.
War Kichka ein Teilnehmer/in des Frühstücks? Ist das Werk ihm/ihr gewidmet? Und wenn ja, weil er/sie Daniel Spoerri etwas bedeutete? Oder weil es seine Grundidee war?
Vielleicht soll Kichka gar keine Person darstellen, sondern dem Künstler gefiel der Name?
Jedenfalls wollte Daniel Spoerri ein eher typisches Künstlerfrühstück darstellen, was auch dem Bohemien-Stil widerspiegelt, die ein wildes regelloses Künstlerleben führten.
Und dennoch kann man sein Werk auch als Echo des „Vanitas-Stillebens“ sehen, da die Reste der Mahlzeit Vergänglichkeit zeigen: Der Tisch ist verlassen, die Behältnisse geleert. Zudem ist auf Bilder von Vanitas-Stilleben häufig Essen und Zugehöriges zu sehen. Das größte Ziel von Daniel Spoerri war aber sicher, dem Betrachter die Möglichkeit zu geben, sich in sein Werk hinein zu versetzen und den Moment nachzuerleben.