Montag, 4. Juni 2018

Körper des Künstlers/Körper des Publikums


Wenn man sich mit Körpern in der Kunst auseinandersetzen will, muss man sich zwangsläufig auch mit dem Expressionismus auseinandersetzen.
Beim Informellen Expressionsimus malt  Künstler das, was in ihm emotional vorgeht.Diese Art von Kunst ist während derNachkriegszeit, in den 50er und 60er Jahren, entstanden. Die Zentren der damaligen Kunst waren, wie schon seit längerem, die europischen Städte, wie Paris oder London, aber nach dem zweiten Weltkrieg eben auch jüngere Städte, wie beispielsweise New York.

Der Künstler Jackson Pollock war einer der größten Vertreter des Abstrakten Expressionismus, er verwendete unter anderem die Technik des „Action Painting“. Diese Technik ist durch die Dynamik und Bewegung beim Malen gekennzeichnet, auch der Zufall, wie die Farbe nach dem auf die Leinwand „schleudern“ herunterfließt, spielt eine große Rolle. Beim amerikanischen Expressionismus wird meist eine große Leinwand verwendet, wie auch bei bei dem sogenannten „Dripping“, eine weitere Technik des Expressionismus. Jackson Pollock lässt die Farbe auf die Leinwand tropfen, indem er mit Farbe über das Bild läuft und somit eine Aufzeichnung seiner Bewegungen erhält.
Beim Prinzip des „All-over“, eine weitere Technik die im Zusammenhang mit Jackson Pollock steht, wird die Leinwand komplett mit Farbe bedeckt, auch über den Rand, da keinerlei Rücksicht auf das Format genommen wird. 
„I want to express my feelings, rather than illustrate them“ (Jackson Pollock)

Die Farbe, Intensität, etc. hängen dabei ganz und gar nur von der Befindlichkeit des Künstlers ab.
Neben Jackson Pollock gab es auch einige andere einflussreiche Künstler, die sich mit dem Expressionismus auseinandergesetzt haben. Einer von ihnen war Lucio Fontana. In seinem Werk „Concetto Spaziale“ ritze er mit einer Rasierklinge die Leinwand und schaffte somit damit eine echte Dreidimensionalität.

Niki de St. Phalle z.B. schoss auf farbgefüllte Luftballons, dieses Kunstrichtung nannte sich „Nouveau Réalisme“.
Künstlerin Regine von Chossy malte mit Kreide Aufzeichnungen ihrer Bewegungen mit Kreide mit beiden Händen von oben nach unten, je nach dem, wie sie sich bewegt hat und schuf damit ihr Werk „Energetische Zeichnungen“

Plakative Kunst



„Mut zur Wut“, der Name eines in 2011 entstandenen Plakatwettbewerbs, der sich hauptsächlich an Grafiker richtet. Die 30 besten Plakate, die das Ziel eines kritischen, sozialen, politischen und/oder persönlichen Inhaltes transportieren, werden in einigen Großstädten an den Straßen ausgehängt, sodass die Botschaft des jeweiligen Plakats jede Menge Leute erreicht. Außerdem ist es ein Ziel der Plakatkunst den Betrachter zum Nachdenken anzuregen und so Emotionen wach zu rufen.

„Bleistift“, Felix Pfäffli (2012)

Ein Beispiel für ein Plakat dieses Wettbewerbs ist das Werk von Felix Pfäffli.                                       
Es ist ein schwarzer Bleistift in der Mitte des Bildes zu sehen, der eine Diagonale durch das Bild bildet und näher zum Betrachter hinrückt. Das Plakat selbst ist hochkant ausgerichtet, der Schriftzug jedoch waagerecht, sodass man seinen Kopf drehen muss, um diesen lesen zu können. Diese Art der Typografie versucht den Menschen ein bisschen herauszufordern. Das Auffälligste des Plakats ist jedoch die Farbe des Hintergrunds. Er ist in Rot gewählt, was eine Anspielung auf den Namen des Wettbewerbs sein könnte, da man mit der Farbe Rot in gewisser Weise auch Wut verbindet, außerdem ist es eine Signalfarbe, die die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der Bleistift jedoch schabt eine kleine diagonale Linie der roten Fläche ab und bringt das Weiße darunter zum Vorschein. Der Grafiker hat vermutlich den Bleistift gewählt, da dieser ein typisches Kunstwerkzeug ist. Dieser macht es dem Betrachter möglich ein wenig tiefer „reinzuschauen“ indem er die Fläche freischabt. Zusätzlich bringt es Bewegung in das Bild und die Diagonalen machen es dynamischer. Licht und Schatten schaffen hier die nötige Plastizität und Tiefe. Das Plakat, vor allem der Bleistift, wirkt greifbar durch die plastische Darstellung. Die rote Fläche hat nicht nur die Aufgabe Aufmerksamkeit zu erregen, sie dient auch als Boden des Bildes und stellt die Räumlichkeit her. Andererseits gibt es keinerlei Farbperspektive, die rote Fläche ist überall gleich intensiv, was der räumlichen Wirkung wiederum entgegensteht. Der rote Hintergrund kippt, je nachdem welchen Bereich des Plakates man betrachtet, zwischen räumlicher und flächiger Wirkung hin und her. 
Das Ziel des Plakats ist es in gewisser Weise, mit der Warnhmung als Reiz zu spielen.

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„Who´s afraid of red, yellow and blue“ Barnett Newman (1966)
Aufgrund der Wirkung der Signalfarbe Rot, möchte ich auf die monochrome Malerei von Newman zusprechen kommen, die sich mit dem Thema der psycho-physischen Farbwirkung beschäftigt. Das Bild hat eine monumentales Format und füllt die Wand eines Raumes normaler Größe komplett aus. Man kann es sich sehr leicht vorstellen, da das Kunstwerk hauptsächlich eine große rote Fläche ist. Am linken Rand des Bildes ist jedoch eine kleine Fläche des Bildes in Blau gemalt, am rechten Rand eine minimale Fläche in Gelb.  Diese Bild fiel dem Kunstvandalismus zum Opfer,  es wurde mit einer Schere/ einem Messer zerschnitten. Das ist eventuell zurückzuführen auf die Farbe Rot, die, wie vorher schon angesprochen, Wut auslöst, da man Rot als sehr aggressive Farbe wahrnimmt und rote Flächen auch zur Reizung des vegetativen Nervensystems und zur Ausschüttung von Adrenalin führen.
https://www.kunsthalkade.nl/de/ausstellungen/die-farben-des-style/slideshow/barnett_newman_2018who2019s-afraid-of-red-yellow-and-blue-iii_1967.jpg/@@images/image/large

Ein weiteres Gemälde, das dem von Newman relativ nahe kommt ist „No title“ von Ad Reinhart, welches den Unterschied hat, dass es komplett in Schwarz gestaltet ist. Schwarz ist eher eine Frabe, die Trauer hervorruft. Außerdem unterscheidet man zwischen emotionalen Farben (eigenes Empfinden ausdrücken) und symbolische Farben (z.B durch den kirchlichen Ritus definiert). 

Das nächste Beispiel des Plakat Wettbewerbs besteht hauptsächlich aus einer großen blauen Fläche, in deren Mitte der Facebook Schriftzug etwas gestaucht zu sehen ist. Vor diesem Schriftzug sieht man die bekannte Facebook- Hand, die zu einer Faust geballt ist. Es wird der Eindruck erzeugt, dass die Faust versucht den Facebook Schriftzug aus dem Bild „rauszuhauen“, da die Buchstaben schon sehr eng beieinander hängen. Die Speedlines unterstützen die Faust und somit auch die dynamische und gewaltsame Wirkung. Man bekommt den Eindruck, dass die Faust eine besonders hohe Geschwindigkeit hat und es wird noch einmal deutlich, dass die Faust in Bewegung ist. Der typische  Schriftfont macht es möglich, dass man erkennt, dass es sich um Facebook handelt, ebenso ist die Hintergrundfarbe blau auch die typische Facebook Hintergrundfarbe. Das ganze Plakat ist ein Spiel mit dem Raum, vor allem da man das Gefühl bekommt der Schriftzug soll aus dem Bild verschwinden, das macht den Raum in gewisser das Plakat zu einem begrenzten Raum.

Plakat Nummer 3, ist dem vorherigen etwas ähnlich. Wie vorher ist die Hintergrundfarbe blau, diesmal aber ein etwas helleres blau. Man sieht ein Kind, dass auf einer von drei Tasten einer Tastatur sitzet, die aber die Wirkung einer Eisscholle im weiten Meer haben und sehr plastisch dargestellt sind. Das Kind wirkt sehr einsam und verloren. Die blaue Fläche des Hintergrunds wirkt hierbei endlos und wird zum Raum des Bildes. Im unteren Teil des Plakats steht geschrieben „Don´t leave your kid in the virtual world“. Dadurch wird das Ziel dieses Plakats da, denn es spielt auf die Gefahren im Internet an und auch, dass man doch relativ einsam dort sein kann.

Figur- Grund- Beziehung und Figur- Grund- Wahrnehmungen
Diese beiden Begriffe beschäftigen sich mit optischen Täuschungen. Beispiel hierfür ist wieder ein Plakat, das sich mit den Gefahren beschäftigt, die im Internet lauern. Es ist ein Mädchen zu sehen, dessen Pferdeschwanz den Schnauzer eines Mannes bildet, der direkt hinter ihr steht. Das Mädchen sitzt vor ihrem Laptop und surft im Internet. Das Bild spielt womöglich auf die unzähligen Fake Profile an, die im Internet existieren. Folglich hat das Bild eher einen sexuellen Hintergrund. Das Bild „deckt“ indirekt auf, wer hinter der Person steckt, mit der das Mädchen chattet. Es ist jedoch schwer das Mädchen zu erkennen, da sie dieselbe Farbe hat, wie der blaue Hintergrund. Ein weiteres Detail ist auch noch der weiße Schriftzug „alone?“ im unteren Teil des Bilds. Dieser unterstützt die Interpretation, dass das Mädchen nicht wirklich weiß, was sie gerade tut.

Sonntag, 3. Juni 2018

Abramovic - Ulay II

Das ehemalige Künstlerpaar Marina Abramovic und Ulay hat von 1976 bis 1988 viele Performances zusammen erarbeitet und durchgeführt, in denen sie immer "Bilder" für den momentanen Zustand ihrer Beziehung gefunden haben. 

Eine bedeutende Performance, vor allem auch wenn man ihre Liebesgeschichte betrachtet, ist „Night Sea Crossing“. Dabei sitzen sich die beiden in einem Museumssaal an einem Tisch gegenüber. Wochenlang, täglich, von Beginn bis Ende der Öffnungszeiten, sitzen sie in den berühmtesten Museeen der Welt. Allerdings verhalten sie sich extrem passiv, d.h. sie bewegen sich nicht und reden auch nicht, sondern starren sich nur an. Die Besucher des Museums sehen die beiden und erwarten viellicht etwas, doch nichts passiert, sie sind wie zwei leblose Ausstellungsstücke. Die Performance geht sogar danach weiter, sie achten darauf dass sie außerhalb des Museums keiner sieht, sie reden nicht miteinander und fasten.
Man kann vermuten, dass die Kunstwelt genauso hohe Erwartungen wie die zwei Liebenden an ihre Beziehung hatte – beide wurden enttäuscht. Dadurch, dass Marina und Ulay ihre Liebe zum Thema ihrer Kunst machten und dadurch öffentlich auslebten, standen sie unter ständiger Beobachtung, sie galten sogar als das "Vorzeigepaar" schlechtin. Dem Druck der Erwartungen konnten sie auf Dauer jedoch nicht standhalten, und  sehr wahrscheinlich haben sie vergessen an ihrer Beziehung zu arbeiten und somit hat auch die Verliebtheit und die Liebe nachgelassen. Dies spiegelt sich auch in ihren Performances wider, denn diese enthielten mit der Zeit immer weniger Körperkontakt. 
Im Rückblick kann man Night Sea Crossing als Vorboten für das Ende der Beziehung bezeichnen, denn Ulay hat den körperlichen Druck des Dasitzens nicht mehr ausgehalten und ist aufgestanden und gegangen. 

Ihre letzte gemeinsame Performance, die sie 1988 gemacht haben, heißt „The Lovers“. Beide hatten sich von einem Ende der Chinesischen Mauer aufgemacht und liefen sich entgegen, um sich in der Mitte, die nicht genau definiert war, treffen zu können, dort eine chinesische Hochzeit zu feiern und somit ihre Liebe zu erneuern und die Beziehung zu retten. Allerdings, als die beiden sich nach Wochen tatsächlich getroffen haben, beschlossen sie, sich zu trennen, denn ihnen ist in der „Einsamkeit“ ihrer Wege klar geworden, dass es ihnen damit besser geht. Somit könnte man diese Performance auch als den Weg zur Trennung betrachten. 

2012 hat Marina Abramovic mit „The Artist Is Present“ eine Solo-Performance gestartet. Dabei wollte sie wahrscheinlich auf „Night Sea Crossing“ anspielen, denn sie saß an einem Tisch, einem leeren Stuhl gegenüber. Auf diesen leeren Stuhl durften sich die Museumsbesucher setzen. Dies wollten auch viele tun, denn es sammelte sich eine riesige Menschenmenge an die geduldig darauf wartete, auf diesem Stuhl, Marina Abramovic gegenüber, Platz nehmen zu können. Während die Menschen auf dem Stuhl sitzen und Marina in die Augen schauen, gehen ihnen tausende Gedanken durch den Kopf. Man sieht ihnen oft den Schmerz  und die Einsamkeit, die sie in diesem Moment fühlen, in Form von Tränen an. Die Menschen haben keinen anderen Rückzugsort als sich selbst und müssen mit ihren eigenen Gefühlen klar kommen. 
Irgendwann kommt Ulay und setzt sich auf den Stuhl. Dies ist das erste Mal nach ihrer Trennung, dass sie sich wiedersehen. In diesem Moment ist auch Marina zu Tränen gerührt und sie fängt an zu weinen. Nach einiger Zeit geben sie sich die Hände und plötzlich fangen alle Menschen, die im Museumsraum sind und vorher noch still waren, an zu klatschen. 

Allerdings ist Marina Abramovic nicht nur Performance-Künstlerin, sondern sie macht auch Objektkunst. 
Eines ihrer Kunstwerke heißt „Shoes for Departure“, was auf Deutsch übersetzt „Schuhe für die Abreise“ heißt. Schaut man sich das Kunstwerk allerdings etwas genauer an, stellt man fest, dass es unmöglich ist mit diesen Schuhen zu gehen. Sie sind übergroß und aus dem schweren Halbedelstein Amethyst gefertigt. Da es Marina wichtig ist, immer ein Teil ihrer Kunstwerke zu sein, hat sie den Rohstoff mit ihren eigenen Händen aus einem Bergwerk in Brasilien geschlagen. 
Mit ihrem Kunstwerk wollte sie den Betrachter zum Teil der Kunst machen, indem er in die kühlen und glatten Schuhe hineinschlüpfen kann. Allerdings kann man sich nicht bewegen und ist somit gefangen. 
Die Beine in Schrittstellung fixiert, den Blick auf die leere Wand gerichtet, kann die Reise eigentlich nur noch ins eigene Innere gehen.
 
Night Sea Crossing
The Lovers
The Artist Is Present
Shoes for Departure