Sonntag, 22. Juli 2018

[fragmento] "Breathing In / Breathing Out (Death Itself)" - Marina Abram...

Marina Abramovic on performing 'Rhythm 0' 1974

Marina Abramovic

Marina Abramovich war zunächst eine Solo Performance Künstlerin, die vor allem durch Rythm 0 (1974) berühmt wurde: in einer Galerie positionierte sie sich starr wie eine Puppe und erklärte dem anwesenden Publikum, dass sie die Verantwortung für alles übernehme, was in den nächsten 6 Stunden geschehen würde, das Publikum solle tun was auch immer es wolle. Auf einem Tisch neben ihr lagen 72 Gegenstände z.B. Messer, Blumen, Getränke, Rasierklingen. Zunächst waren die Dinge, die damit gemacht wurden harmlos, sie wurde geschminkt, gefüttert, man gab ihr zu trinken. Doch allmählich wurde das Publikum übergriffiger, sie wurde herumgetragen, ihr wurden die Kleider om Leib geschnitten, sie wurde verletzt, schließlich ging es so weit, dass sie beinahe erschossen worden wäre, hätte der Galerist nicht eingegriffen. Als sie schließlich aus ihrer passiven Rolle „aufwacht“ und mit den Leuten reden wollte, gingen sie ihr vor Scham aus dem Weg und verließen rasch die Galerie. Mit solchen Auftritten fragte sie sich, wieviel sie selbst ertragen konnte, und das Publikum, was im Rahmen der Kunst zulässig sein durfte. Eine Parallele zum Verhalten der Menschen während des Holocaust ist naheliegend.

 
Ihren Lebensgefährten Ulay lernte sie bei einem ihrer Auftritte kennen, er fiel ihr durch sein starkes Bedürfnis, ihr zu helfen auf. Von da an agierten sie als Künstlerpaar. So entwickelten sie gemeinsam Performances, in denen sie ihre Liebe und den Verlauf ihrer Beziehung thematisierten. „Relation in Space“ war ihre erste gemeinsame Performance. Hierbei rannten sie immer wieder aufeinander zu, bis ihre nackten, ungeschützten Körper schließlich mit voller Wucht aufeinander prallten. Dieser Schmerz und die Heftigkeit des Aufschlags beschrieben die Gefühle, die sie bei ihrem erstes Treffen spürten, ihre Liebe traf sie "wie ein Blitzschlag".
Auch mit „Breathing in/ Breathing out“ - zeigten sie einen Aspekt einer Liebesbeziehung, doch auch, was passiert wenn man zu sehr zu einem Teil des anderen werden will. Man erstickt im wahrsten Sinne des Wortes daran. Dies verdeutlichten sie, indem sie sich gegenübersetzten und ihre Lippen miteinander wie zu einem Kuss aufeinanderpressten und die Luft in ihren Lungen minutenlang teilten. Da ihre Nasenlöcher versiegelt waren, kam kein frischer Sauerstoff mehr dazu. Der anfängliche Kuss wurde nach kurzer Zeit zu einem Kampf, bei dem sie sich geradezu gegenseitig die Luft aus den Lungen saugten, bis sie fast Ohnmächtig umfielen aus Sauerstoffmangel.

Sonntag, 15. Juli 2018

Der nackte Körper in der Kunst

In der Kunst wird der nackte Körper von vielen verschiedenen Künstlern, in unterschiedlichsten
Werken, zum Beispiel in der Malerei, Bildhauerei, Fotografie oder bei Performances, eingesetzt.

Der männliche Blick/ The Male Gaze

Distracted Boyfriend Meme 2017
Dieser, mit einer Objektifizierung verbundene, Ausdruck, welcher von Genderforschern untersucht
und von Feministinnen geprägt wird, spielt auch in der Kunst eine wichtige Rolle. Während an dem
Thema „der männliche Blick“ in der Wissenschaft aktuell ernst geforscht wird, entwickelte sich in
den sozialen Medien heute schon ein Meme dazu, bei welchem ein junger Mann mit seiner Freundin spazieren geht. Dabei läuft eine attraktive fremde Frau an dem Mann vorbei, woraufhin sich dieser umdreht und ihr hinterherschaut, manchmal ihr sogar hinterherpfeift.
distracted boyfriend meme

Le Regard Oblique – Robert Doisneau, 1947
Dieses Werk besteht aus einem Versuchsaufbau mit versteckter Kamera. In einem Schaufenster
stehen zwei Bilder, das eine zeigt eine nackte Frau, das Motiv des anderen ist für den Betrachter des Fotos nicht sichtbar. Die Kamera fotografiert Personen und deren Reaktion auf die Bilder. Im "regard oblique" täuscht der Mann seine Aufmerksamkeit für das, was seine Frau ihm erzählen will vor, anstatt auf das zu schauen worauf ihr Finger zeigt betrachtet er verstohlen das Bild mit dem nackten Körper, er vergisst die eigene Frau und ihre Zusammengehörigkeit.
Hier wird ebenfalls der männliche Blick thematisiert, allerdings liebevoll und humorvoll, anstelle
der kritischen und ernsten Betrachtung des Themas heute.
Link zur Bildersammlung:
https://iconicphotos.wordpress.com/2010/06/03/un-regard-oblique/

Susanna im Bade – Jacopo Tintoretto, 1555 (Renaissance)
Dieses Gemälde erzählt eine Geschichte aus dem Buch Daniel in der Bibel. Die schöne Frau eines
reichen Mannes badet in ihrem Garten und wird dabei von zwei alten Männern beobachtet. Die
Frau bemerkt dies nicht, bis sich die Männer zeigen und sie zum Beischlaf zwingen wollen. Sollte
sie sich weigern, wollen die Männer sie verklagen, Ehebruch begangen zu haben. Dies würde die Todesstrafe für die Frau nach sich ziehen, allerdings geht sie nicht auf die Drohung ein, woraufhin die Männer die Aussage tätigen und die Frau zum Tode verurteilt wird. Allerdings kommt Daniel die Ehebruch-Geschichte komisch vor, weshalb er die beiden Männer zu sich in Einzelverhöre holt. Die Männer schildern den Ehebruch jedoch in zwei unterschiedlichen Varianten, was daraufhin zum Freispruch der Susanna und dem Todesurteil für die Alten führt.
Der moralische Hintergrund der Geschichte besteht darin, dass trotz der Falschaussage und
Verurteilung, am Ende doch die Wahrheit und die Ehrsamkeit siegt.
Im Bild ist die Geschichte ein Vorwand für die Nacktheit der Frau. Der Betrachter des Bildes wird ebenso in die Rolle eines Voyeurs versetzt wie die beiden alten Männer es sind, da die
Frau im Bild, die selbstvergessen und ahnungslos dargestellt wird, auch den Betrachter nicht sieht. Die Rolle des Betrachters als Voyeur ist dabei charakteristisch für die Kunst der Renaissance, weil nackte Frauen so gut wie nie aus dem Bild schauen und man sich selbst dadurch nicht beobachtet fühlt.
Zudem erfüllt die Frau das Schönheitsideal der damaligen Zeit (weich, mädchenhafte kleine Brüste, kleiner Kopf), es handelt sich demnach nicht um ein Porträt, sondern um ein erfundenes, idealisiertes  Gesicht.
Link zum Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Susanna_im_Bade_(Tintoretto)#/media/File:Jacopo_Robusti,_called_Tintoretto_-_Susanna_and_the_Elders_-_Google_Art_Project.jpg

Susanna und die Ältesten – Artemisia Gentileschi, 1610 (Renaissance)
Hier geht es wieder um die Geschichte im Buch Daniel, dieses mal jedoch aus der Sicht einer Frau, die selbst angeblich Opfer einer Vergewaltigung war.
Susanna wird hier in einer für sie sichtlich unangenehmen Situation dargestellt, sie fühlt sich belästigt und hat den Mund offen, als würde sie schreien. Sie hebt die Hände einer Abwehrhaltung und ist  nicht so passiv, wie sie meist bei männlichen Künstlern gezeigt wird. Bei diesem Bild ist der dramatische Moment anders gewählt und die Gesichter sind realistischer wiedergegeben, was zeigt, dass sich der männliche Blick (schöne Frau → beobachten) klar vom weiblichen Blick/ Narrativ (ekelhafte Männer → schnell loswerden) im Hinblick auf die Geschichte unterscheidet.
Link zum Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Susanna_im_Bade#/media/File:Susanna_and_the_Elders_(1610),_Artemisia_Gentileschi.jpg

Schlafende Venus – Giorgione, 1510 (Renaissance)
Hierbei handelt es sich um eine lebensgroße Darstellung einer schlafenden, idealisierten Frau,
welche symmetrisch wirkt und eine perfekte Anordnung der Gesichtsproportionen besitzt. Es ist also die reine idealisierte Erfindung einer Frau, die kein Mensch, sondern eine Göttin ist und, wie die Frauen in den Bildern zuvor, den Blicken von uns Voyeuren ausgesetzt ist.
Link zum Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlummernde_Venus#/media/File:Giorgione_-_Sleeping_Venus_-_Google_Art_Project_2.jpg

Venus von Urbino – Tiziano Vecellio, 1538 (Renaissance)
Dieses Gemälde ist ebenso lebensgroß und weist einige Parallelen zum vorigen Bild auf, allerdings
blickt die Frau dieses Mal aus dem Bild heraus, wodurch der Betrachter in der Rolle des Voyeurs
gestört wird. Die Frau, deren Blick verlockend wirkt, weiß, dass sie betrachtet wird, findet das
anscheinend auch gut und zeigt zugleich ihr Einverständnis.
Link zum Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Venus_von_Urbino#/media/File:Tizian_102.jpg

Olympia – Édouard Manet, 1863 (Realismus, Impressionismus)
Obwohl zu dieser Zeit seit langem nackte Frauen in Museen zu sehen waren, erzeugte dieses Bild einen Skandal. Die abgebildete Frau präsentiert sich dem Betrachter ohne Scheu und im Bewusstsein ihrer Nacktheit.  Ihr Blick ist gelangweilt, herausfordernd, frech und arrogant gegenüber dem Mann, als wollte sie zeigen, dass sie kein „Schoßhündchen“ ist.. Das Schönheitsideal wird ebenfalls nicht
erfüllt und sie wirkt als würde sie den Mann fragen, was sie mit den geschenkten Blumen machen
soll.
Tatsächlich handelt es sich bei der Frau jedoch um eine junge Frau, Victorine Meurent, die wirklich lebte. Sie stellt eine Kurtisane dar, welche zur damaligen Zeit Promi-Status hatten, allerdings nicht reich waren, sondern reiche Liebhaber hatten, welcher sie mit Dienern, einem Haus, einer Kutsche, etc. ausstatten mussten. Bei Männern war es eine Sache der Ehre, sich für eine begehrenswerte Kurtisane finanziell zu verausgaben. (Literaturtipp: Émile Zola, "Nana", Alexandre Dumas: Die Kameliendame)
Im Bild nimmt der Betrachter immer die Rolle eines Mannes ein, egal ob er in Wirklichkeit
männlich oder weiblich ist.
Link zum Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Olympia_(Gem%C3%A4lde)#/media/File:Edouard_Manet_-_Olympia_-_Google_Art_Project_2.jpg

Manet malte noch weitere Bilder zur Thematik der Frauenrolle, wie zum Beispiel „Un bar aux
Folies Bergère“ (1881/2)
, in welchem ein blondes Mädchen, in Gedanken versunken, dargestellt ist.
Erneut wird die Frau als passiv und Objekt thematisiert.
„Le Déjeuner sur l' herbe“ zeigt zwei Frauen mit Studenten beim Picknick, wobei die Frau meist mit den Männern im Bild nackt bzw.leicht bekleidet sind, die Männer dagegen vollständig bekleidet sind. Jedem Menschen der damaligen Zeit war bekannt, was bei diesen Treffen stattfand, dass die Söhne aus reichem Haus sich junge Arbeiterinnen und Hausangestellte als Geliebte hielten, dennoch war das Bild ein Skandal, da niemand dieses frauenverachtende und ausbeuterische Treiben.   thematisieren wollte. Auch hier fühlt sich der Betrachter durch den Blick der nackten Frau im Vordergrund des Bildes (wieder Victorine Meurent) ertappt. (Literaturtipp: Victor Hugo, "Les Misérables)
Link zum Bild:
https://en.wikipedia.org/wiki/A_Bar_at_the_Folies-Berg%C3%A8re#/media/File:Edouard_Manet,_A_Bar_at_the_Folies-Berg%C3%A8re.jpg
Link zum Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Fr%C3%BChst%C3%BCck_im_Gr%C3%BCnen_(Manet)#/media/File:%C3%89douard_Manet_-_Le_D%C3%A9jeuner_sur_l%27herbe.jpg

Picture for Women – Jeff Wall,1979
Die lebensgroße Fotografie bezieht sich auf Éduard Manets Barmädchen im Folies Bergère. Hier schaut die Frau wieder aus dem Bild, jedoch steht sie nicht im Zentrum, wodurch gezeigt wird, dass die Frau die Rolle des Objekts verlassen hat und nun die Kamera/der Betrachter das Objekt darstellt.
Link zum Bild:
https://en.wikipedia.org/wiki/Picture_for_Women#/media/File:Picture_for_Women.jpg

Der nackte Mann – Lustobjekt oder Machtfantasie?

Der nackte Mann wird in der Kunst nicht für die Lust der Frauen gezeigt, sondern er erfüllt einen
anderen Zweck.
Antinous, Geliebter des Kaisers Hadrian, wird oft fast weiblich dargestellt, er ist also ein
Lustobjekt. Dagegen steht Jim Lees Batman, dessen Kostüm mehr wie eine Körperbemalung wirkt, und der stark und unverwundbar wirkt und damit die Machtfantasie repräsentiert.

Helden und Götter
Die Skulptur Doryphoros von Polyklet, aus dem 5. Jh. v. Chr. stellt einen Helden dar.
Der Apollo von Belverde, ebenfalls eine Skulptur, die vermutlich von Leochares stammt, zeigt
einen Gott.
Eine weitere Skulptur namens „Augustus von Primaporta“, welche um 20 v. Chr. entstand, ist vom
Prinzip angelehnt an die beiden eben genannten Skulpturen und zeigt den römischen Kaiser
Augustus als offizielle Götterfigur. Er wird im Kontrapost dargestellt, oder auch wie ein römischer
Redner und trägt einen Brustpanzer, auf dem im Flachrelief Heldentaten und Erfolge seiner Feldzüge dargestellt sind. Die Statue wurde wohl zu Propagandazwecken verwendet.
Link zur Skulptur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Augustus_von_Primaporta#/media/File:Statue-Augustus.jpg

Napoleon als friedensbringender Mars – Antonio Canova, 1802 (Klassizismus)
Die Statue stammt aus der Zeit, nachdem Napoleon König von Italien wurde. Napoleon gab bei dem bekanntesten Bildhauer seiner Zeit, Antonio Canova, zur Feier seines Sieges eine Kollossalstatue (3,45m Höhe) in Auftrag. Er wünschte in Uniform und würdig dargestellt zu werden, allerdings zeigt der Bildhauer Napoleon, wie auch seine Schwester, Paolina Borghese als "Siegreiche Venus", nackt. Die Statue wurde im Louvre ausgestellt und fand Anerkennung, aber Napoleon war peinlich berührt und ließ die Statuen deshalb verstecken. Als Napoleon schlussendlich besiegt wurde, holte sich der Sieger, der Duke of Wellington, die Skulptur in sein Stadthaus, wo sie als Zeichen des Triumphs und zur Verhöhnung Napoleons im Eingangsfoyer bis heute ausgestellt wird.
Link zur Skulptur:
https://en.wikipedia.org/wiki/Napoleon_as_Mars_the_Peacemaker#/media/File:Napoleon-Canova-London_JBU01.jpg
Link zur Skulptur:
https://it.wikipedia.org/wiki/Paolina_Borghese_(Canova)#/media/File:Paolina_Borghese_(Canova).jpg