Auguste Rodin – Die Bürger von
Calais
Auguste Rodin war ein Bildhauer und
Zeichner, mit dem das Zeitalter der modernen Plastik
und Skulptur begann. Er wurde auch als
moderner Michelangelo bezeichnet und das nicht, weil
seine Figuren ein antikes Aussehen
hatten, sondern wegen der Ausdrucksstärke seiner Kunstwerke.
In seiner Skulptur „Die Bürger von
Calais“ wird eine Figurengruppe dargestellt, bei der jede einzelne
Figur einen individuellen Gesichtsausdruck und Körper besitzt. Die
dargestellten Gesichter sind nicht idealisiert, sondern ganz
individuell und nach einem menschlichen Vorbild modelliert.
Der historische Hintergrund:
Die Stadt Calais wurde im Mittelalter
von den Engländern umzingelt. England gelang aber die Eroberung
nicht und sie wollten die Bevölkerung aushungern lassen, um sie dann
auszurauben.
Der König von England machte
schließlich den Bürgern das Angebot sie überleben zu lassen, wenn
sich ihm sechs Männer ergeben. Diese sollten aus vornehmen Familien
stammen und mit Büßergewändern, einem Strick um den Hals und dem
Schlüssel der Stadt vor ihn treten. Da die Frau des Königs von
diesem Anblick so gerührt war, bat sie die Männer gehen zu lassen,
was der König auch erlaubte.
Rodin wurde später vom Magistrat von
Calais beauftragt für diese heldenhaften Bürger ein Denkmal
herzustellen.
Den Bildhauer hat aber nicht der
Heldenmut der Männer interessiert, sondern die unterschiedlichen
Körper- und Gesichtsausdrücke kurz vor dem Tod.
Der alte Mann in der Mitte wirkt
gelassen mit stoischer Ruhe, als hätte er schon mit dem Leben
abgeschlossen. Der Schlüsselträger ist aufrecht und wirkt stolz und
ungebrochen. Links macht ein Mann eine Handbewegung, als würde er
fluchen und argumentieren, denn er hat sich noch nicht mit den
Ereignissen abgefunden. Ein anderer Mann hält sich die Augen zu und
weigert sich damit die Realität zu sehen und will sie nicht
zulassen. Mit dem Kopf in den Händen steht ein weiterer Mann da. Er
sieht aus, als würde er gleich schreien oder weinen, da er seine
Verzweiflung kaum aushalten kann.
So hat Rodin die verschiedenen
Reaktionen auf den bevorstehenden Tod untersucht. Dabei ist die
Todesursache nicht relevant. Er wollte die Mimik und Gestik so
deutlich darstellen, dass sich jeder darin wiedererkennen kann. Um
dem Betrachter noch mehr Identifikationsmöglichkeit zu geben, hat
Rodin einen sehr niedrigen Sockel gefertigt. So sind die Figuren auf
Augenhöhe und stehen auf dem selben Boden wie der Betrachter und
sind nicht hervorgehoben.
Dem Künstler war es viel bedeutender,
als die historische Begebenheit zu illustrieren, dass elementare
Gefühlsregungen wiedergegeben werden.
Durch die dynamische spiralförmige
Anordnung entsteht eine Allansichtigkeit. Der Betrachter wird
folglich dazu aufgefordert aktiv zu werden und das Denkmal von allen
Seiten zu betrachten.
Carl André – Installation 144
Stahlplatten
Das Kunstwerk ist der konkreten Kunst
und Minimal Art zuzuordnen, was eine Gegenbewegung zum abstrakten
Expressionismus darstellt. Das Werk ist eine Fläche auf dem Boden,
die aus einzelnen industriell hergestellten Stahlplatten besteht.
Dabei sind alle Platten gleich groß und nahezu nahtlos aneinander
gesetzt. Sie sind aber trotzdem individuell unterschiedlich, da der
Stahl verschieden angefangen hat zu oxidieren. So sind teilweise
Verfärbungen wie Rostränder entstanden. Es ist ein plastisches
Kunstwerk, das nicht frei im Raum steht, sondern den ganzen Raum in
Beschlag nimmt → Es ist eine Installation.
Die Platten liegen mitten im Gang
wodurch an den Seiten nur wenig Platz zum Vorbeigehen bleibt.
Das bringt den Betrachter dazu, vor dem
Kunstwerk zu reagieren. Dabei stellt sich die Frage, ob man auch über
die Platten gehen darf. Es ist tatsächlich von Carl André gewollt,
dass die Besucher seine Installation betreten. Sie sind körperlich
dazu eingeladen ein Teil des Kunstwerkes zu werden. Durch das
Betreten geht die Aura auf den Betrachter über. Er wir von ihr
umfangen und fühlt sich als etwas besonderes, weil er in den
virtuell definierten Raum der Platten eintritt und selbst aktiv wird.
Wolfgang Flatz – Installation
Body Check
Bei diesem Kunstwerk des östereicher
Aktionskünstlers Wolfgang Flatz, handelt es sich um Sandsäcke, die
in einem Durchgang aufgehängt wurden.
Der Betrachter wird in dieser
Installation zum Handelnden, denn er muss die Säcke beiseite
schieben, um in den nächsten Raum zu gelangen. Das löst einen
Domino-Effekt aus, wobei dadurch auch anderer Besucher angerempelt
und zur Seite geschoben werden können.
Das Interessante an dem Kunstwerk ist,
dass man weder darunter oder darüber sehen kann, ob sich andere
Menschen im Durchgang befinden. So kann man einen anderen Menschen
mit einem Sandsack treffen, ohne jemanden zu sehen und führt so
unbewusst einen unvorhersehbaren aggressiven Angriff aus.
Bei längerem Beobachten der Situation
zeigen sich verschiedene Reaktionen der Personen. Die Leute sind z.B.
verärgert, schieben die Säcke zurück, schimpfen oder schreien.
Andere reagieren mit Angst und Panik. Die Situation wird dadurch
immer aggressiver, denn im Schutz der Anonymität können die
Besucher ihren Reaktionen und auch Emotionen freien Lauf lassen.
Die Situation eskaliert dabei
unheimlich schnell und lässt sich auch auf das tägliche Leben
übertragen. Man hat ständig mit solchen Situationen der Aggression
und Anonymität – z.B. im Internet - zu tun.
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