Sonntag, 18. Dezember 2016

Barockzeit - Samuel van Hoogstraten – Vanitas - Stillleben

Die Kunst-Epoche des 17. Jahrhunderts nennt man Barock. Die Zeit des Barock beginnt mit dem 30-jährigen Krieg und endet mit der Französischen Revolution.

In der Malerei dieser Zeit war es unter Anderem beliebt, Gegenstände zu malen, um diese so illusionistisch darzustellen, dass dadurch den Eindruck entsteht, dass es sich bei den Malereien um reale Gegenstände handelt. Diese speziellen Bilder heißen "Trompe l'oeil", was man mit "Augenbetrüger-Stillleben" übersetzt.
Der Maler muss, um die Plastizität der Gegenstände zu erreichen, starke Kontraste, also Licht-und Schattenunterschiede, verwenden. Die Plastizität ist allerdings nur aus einer bestimmten Perspektive und Entfernung des Betrachters erkennbar.
Ein bekannter Vertreter dieser Zeit ist der Niederländer Samuel van Hoogstraten. Bei seinem Bild "Steckbrett" muss man zweimal hinschauen, um zu erkennen, ob es sich tatsächlich "nur" um ein Bild handelt oder um einen tatsächlichen Gegenstand.
Auf dem Bild kann man auf den ersten Blick nur ein großes Durcheinander erkennen, Gegenstände scheinen willkürlich durcheinander geworfen zu sein, doch bei genauerem Betrachten kann man eine gewisse Ordnung feststellen. Man erkennt, dass verschiedene Gegenstände, die sich grob in zwei Gruppen einteilen lassen, auf eine spezielle Art und Weise auf einem Holzbrett mit Lederriemen befestigt wurden, einem Steckbrettes.
Die erste Gruppe der Gegenstände kann man als "Schreibutensilien" betiteln. Man findet Feder, Papier, eine besonders schön marmorierte Rolle Papier, ein Notizheft, Briefe, Siegelwachs zum Versiegeln von Briefen, ein kleines Messer zum Öffnen von Briefen oder Büchern und ein in Leder gebundenes Buch.
Außerdem kann man einige Hygieneartikel, wie zum Beispiel zwei Kämme, wovon der Feinere für das Beseitigen von Läusen verwendet wird, einen Rasierpinsel und Seife, erkennen.
Ganz aus der Rolle hingegen fällt die Goldkette, an der am Ende ein Medaillon hängt.
Alle Gegenstände sind im Maßstab 1:1 abgebildet, um den Anschein zu erwecken, dass das Bild kein Gemälde, sondern ein realer Gegenstand ist.
So wird der Betrachter an der Nase herumgeführt.

Es gibt mehrere Gründe, warum der Künstler auf diese Weise malt.
Zum einen künnte man Angeberei vermuten. Der Künstler will beweisen, dass er sehr exakt beobachten und wiedergeben kann, etwas, was auch schon in der Antike sehr wichtig für die Maler war.

Von diesem Herstellen einer perfekten Illusion handelt auch eine Geschichte aus der Antike, in der ein Wettstreit zwischen zwei Malern namens Zeuxis und Parrhasius stattfindet und beide mit einem verhüllten Bild vor eine Jury treten. Als der erste Maler das Tuch von seinem Bild entfernt, fliegen sofort viele Vögel herbei, da sie die Kirschen fressen wollen, die der Künstler auf sein Bild gemalt hat. Die nun sehr erstaunte Jury fordert anschließend den zweiten Maler auf, das Tuch zu entfernen. Allerdings ist das Tuch bereits das vom Maler erschaffene Kunstwerk, das so täuschend echt aussieht, dass niemand erkennt, dass es sich bei dem Tuch um ein Bild handelt. Genau das war das Ziel der Künstler: Sie wollten die Natur imitieren!

Doch Angeberei ist nicht der einzige und wichtigste Grund, warum Samuel van Hoogstraten dieses Bild malte. Normalerweise verwendet man ein Steckbrett bei sich zu Hause als Sammelstelle für persönliche Sachen, die man wichtig findet, wie hier zum Beispiel der Orden für seine literarischen
Werke.
Das Gemälde zeigt also mehr von ihm, als dass er gut malen kann.
Die Schreibutensilien verdeutlichen, dass er Erfolg hat und durch die Hygieneartikel will er zeigen, dass er reinlich ist und Hygiene für ihn wichtig ist. Das Bild ist also so etwas wie ein Selbstportrait, das ihn durch die Gegenstände, die er besitzt, charakterisiert.

Auf den ersten Blick könnte man jetzt meinen, dass Samuel van Hoogstraten eitel war, da er nur von sich selbst erzählt. Jedoch ist eigentlich genau das Gegenteil der Fall: Das Wort „Eitelkeit“ hat zwei verschiedene Bedeutungen. Es bedeutet zum einen Selbstgefälligkeit, steht aber auch für das Vergängliche und Vergebliche. Der Gedanke an Tod und Vergänglichkeit war in der schwierigen Zeit des Barock, in der es den 30-jährigen Krieg, die Pest, marodierende Söldner und eine kleine Eiszeit samt Missernten gab, sehr präsent.
Samuel van Hoogstraten will mit seinem Bild zeigen, dass das Dargestellte eigentlich bedeutungslos und vergänglich ist. Man nennt diese Art von Malerei deshalb „Vanitas-Stillleben“ (lat. Vanitas = Vergänglichkeit).

Diese Vanitas-Stillleben sind sehr typisch für den Barock. Da man in dieser schwierigen Zeit nicht wusste, ob man am Abend noch leben würde, versuchte man nach dem Vorsatz „Carpe diem“ zu leben, also den Tag, bzw. sein Leben zu nutzen. Auf Grabsteine wurde oft „et ego in arcadia“ geschrieben, was so viel bedeutet wie „auch ich wandelte einst in Arkadien“. Arkadien ist eine idyllische Landschaft in Griechenland. Man will dadurch sagen, dass der Tote das Leben genossen hat, so wie die Lebenden es jetzt tun. Auch die Bezeichnung „vanitas vanitatum“ war gebräuchlich, was so viel bedeutet wie „es ist alles eitel, bzw. die Eitelkeit der Eitelkeiten“. Außerdem war es den damals sehr religiösen Menschen wichtig, ein guter Mensch zu sein und nach den Geboten Gottes zu leben, um jederzeit nach dem Tod vor Gott treten zu können. Äußerlichkeiten waren dabei eher  unwichtig.

Es existieren sehr viele Vanitas-Stillleben und man findet sehr häufig ähnliche oder gleiche Symbole. Sehr oft tauchen Hohlformen, wie zum Beispiel Totenköpfe auf, außerdem gibt es zerbrechliche Gegenstände wie Spiegel oder Glaskugeln, zudem gibt es Masken, Machtinsignien, Schneckengehäuse, Ruinen, Schmuck, Pflanzen, Tiere, Früchte oder Musikinstrumente etc. Alle diese Gegenstände weisen auf die Vergänglichkeit hin und erzählen je nach Anordnung und Verwendung eine eigene Geschichte.
Ein weiterer Maler von solchen Stillleben ist Jacob Marrell. Von ihm stammt zum Beispiel das "Vanitas-Stillleben mit Blumenstrauß, Geige und Totenschädel".

Interessant ist, dass Samuel van Hoogstraten die illusionistische Kunst gar nicht so sehr schätzte. Unter Kunst verstand er vielmehr, dass man selbst erfunden hat und nicht abgemalt hat, da er der Meinung war, etwas abmalen könne jeder, wenn er sich nur die Zeit nimmt. Deshalb fand er persönlich auch seine literarischen Werke besser als seine Gemälde. Heutzutage ist er jedoch nur noch für seine Gemälde bekannt.

„Steckbrett“ von Samuel vann Hoogstraten:http://www.bildergipfel.de/images/products/wt/originals_ART8233.jpg

Selbstportrait von Samuel van Hoogstraten:http://www.wikigallery.org/paintings/297001-297500/297465/painting1.jpg

Jacob Marrell: Vanitas-Stillleben mit Blumenstrauß, Geige und Totenschädel:http://www.michaelseeger.de/barock/Vanitas.jpg

weiteres Beispiel für ein Vanitas-Stillleben:https://writeaboutsomething.files.wordpress.com/2014/07/pieter-claesz_vanitas-stillleben-mit-selbstbildnis.jpg

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