Sonntag, 23. März 2014

Bildinterpretation Tod des Marat



Interpretation von ,,Der ermordete Marat“ -  Jacques-Louis David


Anhand eines Flussdiagramms versuchen wir, eine Interpretation eines künstlerischen Werkes aufzustellen. Hierbei wird zuerst der Inhalt und danach die formale Gestaltung betrachtet.

1. Inhalt:

Auf dem Bild ist ein sterbender Mensch zu sehen, der Bildtitel verrät uns, dass es sich um Jean-Paul Marat handelt. Die Person hat einen sehr muskulösen Körperbau und liegt nackt in einer Badewanne, die mit weißen Tüchern ausgelegt ist. Die Haare sind in ein weißes Handtuch zu einem Turban gewickelt und auf seiner rechten Körperseite, in der Nähe des Schlüsselbeins, befindet sich eine kleine blutende Einstichwunde, welche durch ein Messer, das auf dem Boden vor der Badewanne liegt, verursacht wurde. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass sich das Wasser der Badewanne durch den starken Blutverlust rot gefärbt hat. In seiner rechten Hand hält der Tote eine Schreibfeder, in der linken Hand einen Brief, auf dem Folgendes steht:
«du 13 juillet, 1793 / Marieanne Charlotte Corday au citoyen Marat. II suffit que je sois bien malheureuse pour avoir Droit à votre bienveillance.»
„13. Juli 1793. Marieanne Charlotte Corday an den Bürger Marat. Dass ich unglücklich bin, reicht aus, ein Recht auf Ihr Wohlwollen zu haben.“
Auf der Badewanne liegt eine Holzplatteplatte, die mit einem grünen Tuch bedeckt wurde und Marat als Schreibtisch gedient hat. Neben der Wanne steht eine Holzkiste, die zur Ablage von weiteren Schreibmaterialien benutzt.wurde Auf der Holzkiste, welche mit folgender Aussage beschriftet ist: ,,A Marat, David.“ (,,Für Marat, David.“), stehen ein Tintenfass, eine Assignat und ein weiterer Brief, auf dem steht: «Vous donnerez cet assignat à la mère de cinq enfants dont le mari est mort pour la défense de la patrie.»
„Würden Sie diesen Assignaten der Mutter von fünf Kindern geben, deren Mann für das Vaterland gestorben ist.“
Im Hintergrund befinden sich keine weiteren Details. Er ist sehr dunkel und nicht eindeutig erkennbar gestaltet.

2. Formale Gestaltung: 

Unterteilung in: Form, Komposition, Farbe, historischer Kontext, Hintergrund des Künstlers

 - Form
Der Maler entschied sich für ein Gemälde auf einer Leinwand.
Die Fläche wird im Hochformat bearbeitet ( weitere Formen: Querfromat, Quadrat, Rundformat, Shaped Canvas).
Das Format ist ein Großformat, 165 x 128 cm, man kann annehmen dass die abgebildete Person und die Gegenstände lebensgroß sind. (weitere Formate: Miniaturformat, Kleinformat, Normalformat, Monumentalgemälde).

 - Komposition
Hier werden die Linien betrachtet. Wie verlaufen die Linien: horizontale, vertikale, schräge? 
Sind die Bildelemente so angeodrnet, dass sie geometrische Grundformen, wie z.B. Dreiecke, Quadrate, Kreise bilden?
Man kann die Linien suchen in: 
1. Reale Linien, wie z.B. Körperkanten oder den Horizont und 
2. Gedachte Linien, wie z.B. Körperachsen, Blickrichtungen, Symmetrielinien. 
In diesem Bild gibt es sowohl senkrechte/waagrechte Linien (z.B. Mund, Schreibfeder, Badewanne, Holzkiste), als auch schräge Linien (Messer, Feder, Brief, Körper, Stich). Die senkrechten und waagrechten Linien vermitteln einen sehr statischen Eindruck, wohingegen die schrägen Linien einen sehr dynamischen Eindruck aufweisen. In diesem Bild ist aufgrund von vielen senkrechten und waagrechten Linien folglich wenig Bewegung zu erkennen. Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass nur in den Dingen, die unmittelbar mit dem Mord zusammenhängen, eine Dynamik zu erkennen ist. Diese ,,Indizien“ bringen eine gewisse Unordnung in das Bild, schließlich verweisen diese auf den Mord. Die Schrägen sollen zeigen, dass die Person ganz unterwartet, plötzlich aus dem Leben gerissen wurde.
Bei weiterer Betrachtung kann man feststellen, dass das Bild entlang der horizontalen Mitte unterteilt ist. Der obere Teil ist sehr leer und dunkel, wohingegen der untere Teil sehr hell ist und praktisch das gesamte Geschehen abbildet. Der Körper des Marat füllt nur den unteren Teil des Bildes aus, was auch einen klaren Kontrast zwischen hell und dunkel ergibt.

- Räumlichkeit
Der Horizont spielt eine wichtige Rolle bei der Festlegung des Standpunktes des Betrachters. Der Maler setzt den Betrachter auf dieselbe Augenhöhe (=Horizont) wie die Höhe des Kopfes des ermordeten Marat. Das erkennt man, wenn man die Nase und die Kanten der Holzkiste genau betrachtet. Die wenigen vorhandenen Fluchtlinien verlaufen sehr flach (=nahe am Horizont). Dem Betrachter ist es kaum möglich AUF die Badewanne oder AUF den Holzblock zu schauen. Man kann davon ausgehen, dass der Betrachter also auf dem Boden kniet und nicht von oben herab auf Marat schaut. Dieser Blick von ,,unten“ weist auf die Bedeutung des Menschen Marat selbst im Tode und soll den Betrachter geradezu dazu zwingen, sich vor Marat ehrfürchtig zu verhalten.
Die Badewanne ragt über die Bildränder hinaus, dh. es wird eine so große Nähe des Betrachters angenommen, dass sein Gesichtsfeld nicht mehr die ganze Länge der Wanne erfassen kann. Zwischen der Wanne und dem unteren Bildrand ist ebenfalls nur sehr wenig Abstand.
Die räumliche Erstreckung in die Tiefe kann man aufgrund der unbestimmten Dunkelheit des Hintergrunds nicht erkennen.

 - Plastizität
Der Ermordete wurde sehr plastisch gestaltet, was eine sehr 3-dimensionale Wirkung herbeiführt. Der untere Teil des Bildes wirkt durch die vorhandene Fluchtpunktperspektive und den hell-dunkel-Kontrast, aber auch durch die hart abgesetzten Konturen sehr räumlich und sehr realistisch. Der Maler bemühte sich also um einen harten Realismus. Er will durch diesen Realismus und die Detailgenauigkeit den Betrachter davon überzeugen, dass die gezeigte Szene eine dokumentarisch wahrhafte Wiedergabe der Ereignisse ist.
Bei genauer Betrachtung merkt man natürlich, wie subtil der Maler den Betrachter manipuliert

-Farbe
Es wurden sehr wenige Farben verwendet. Weiß, Rot, Grün und Braun sind die einzigen Farben (Komplementärfarben, Bunt-Unbunt Kontrast). Weiß als Zeichen der Reiheit und Unschuld, Grün als Zeichen seiner Partei, der Jakobiner, und Rot als Zeichen von Blut und Mord. Diese Farben sind weniger beschreibend, eher symbolisch! Der Hintergrund ist in dunklen Farben gehalten (Braun). 

 - Licht 
Man kann aufgrund des Schattenverlaufs annehmen, dass es eine einzige Lichtquelle gibt, die links oben, leicht vor der Wanne zu sein scheint. Die am meisten beleuchteten Stellen sind das Gesicht des Mannes, die Holzkiste und der Brief, den der Mann in der Hand hält. Vor Allem der Kopf des Mannes, und somit auch der Turban, ist sehr hell gestaltet. Beim Anblick des Kopfes erinnert man sich sofort an Heiligenbilder oder an einen Heiligenschein, den der Turban andeuten soll.

- kunstgeschichtlicher Hintergrund
Das Bild ist ein Historiengemälde und stellt den Tod einer sehr wichtigen Person dar. Bei früheren Historiengemälden dieser Art wird der Tod oft verklärend dargestellt, im Hintergrund öffnet sich bereits der Himmel um den Sterbenden aufzunehmen. Diese Idee fehlt in diesem Gemälde. Typisch für die Französische Revolution war die Loslösung von der Religion, hier stand der Atheismus im Vordergrund. Die Leere und Dunkelheit des Hintergrunds soll zeigen, dass keine Heiligen mehr da sind und am Ende nur noch die Trauer und Leere bleibt. Ein sehr negativer Eindruck, ohne Hoffnung, bleibt am Ende erhalten. Der Maler versuchte die Idee auszudrücken, dass man das ,,Nichts“ durch Leere darstellen kann. 

Die Art und Weise, wie der Marat in der Badewanne liegt, erinnert an die ,,Pieta“ von Michelangelo. Der Körper Jesu und der Körper des ermordeten Marats nehmen dieselbe Stellung ein und sind beide von Tüchern umgeben. Wenn man die genaue Lage des Ermordeten betrachtet, erkennt man eine gewisse Ähnlichkeit mit Jesus, der nach seiner Kreuzigung auf oft auf dieselbe Art und Weise dargestellt wird. Marat wird Jesus gleichgesetzt und als ein Prophet oder Märtyrer gesehen. Folglich soll der Betrachter davon überzeugt werden, dass Marat ein guter Mensch gewesen ist. 
Allgemein kann man feststellen, dass das Bild den extremen Jakobiner Marat, der von einer jungen Frau ermordet worden ist, darstellen soll. 
Marat, der als prominenter Vertreter der Bergpartei galt, wurde in der zweiten radikalen Phase der Französischen Revolution Opfer eines politisch motivierten Mordes. Als fanatischer Anhänger der Revolution forderte er die Enthauptung tausender politischer Gegener. Auch wenn seine persönliche Beteiligung an den Septembermassakern umstritten ist, kann man ihn mit seinen Schriften als geistigen Urheber des Massakers betrachten.
Er litt unter einer Hautkrankheit, die er nur behandeln konnte, indem er viele Stunden in der kühlenden Badewanne verbrachte. 
Am Abend des 13. Juli 1793 wurde er von Charlotte Corday, einem Mädchen aus der Provinz, erstochen. Diese entschied sich dafür, Marat als bekanntesten Vertreter der Jakobiner selbst zu töten. Der Maler Jacques-Louis, ein Freund des Ermordeten, hielt dieses Geschehnis in einem Märtyrerbild fest, um seinem persönlichen Freund Marat ein Denkmal zu setzen, dass ihn trotz seiner Gräueltaten als unschuldigen Menschenfreund verewigen soll.

Protokoll: P.N. 2KU4 2013

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