Mittwoch, 18. November 2015

Joseph Kosuth-One and Three chairs (1965)




 Das Kunstwerk besteht aus:

§  Einem echten Stuhl
§  Der Abbildung  eines Stuhls an der Wand 
(Anweisung für den ausführenden Handwerker lautete dabei, einen Stuhl zu wählen, diesen vor einer Wand zu platzieren und eine lebensgroße fotografische Abbildung davon zu machen)
§  Einem Lexikoneintrag mit einer Definition des Wortes ‘‘Stuhl“
(jeweils in der Landessprache)

 Das Kunstwerk gehört der Konzeptkunst an:

§  Die künstlerische Leistung dahinter ist die Entwicklung eines Konzepts.
§  Kunstform, in der das Kunstwerk nur durch die Idee, nicht aber von der ästhetischen Umsetzung definiert wird.
§  Konzeptkunst will, dass der Blick auf das Wesentliche des Kunstwerks frei bleibt und nicht durch ästhetische Kunstfertigkeit verwehrt wird.

Das Konzept von ‘‘One and Three chairs‘‘

§  Ähnlich wie Magritte soll der Unterschied zwischen Realität und Abbildung verdeutlicht werden.

§  Darstellung von unterschiedlichen Ebenen der Wahrnehmung
§  Der reale Gegenstand ist fassbar
§  Die Abbildung kann unzählige Male vervielfältigt werden
§  Die Bezeichnung "Stuhl" beschreibt eine abstrakte bzw. philosophische  Idee (vergl. Höhlengleichnis Platons)


Quellen:

Montag, 16. November 2015

Stillleben mit Rohrstuhlgeflecht – Pablo Picasso (1912)




Auf den ersten Blick fallen dem Betrachter des Bildes die ungewöhnliche ovale Form der Holzplatte auf, sowie die Kordel, die als Bildrahmen dient. 

Auf dem Bild sieht man ein rechteckiges Feld im unteren Bildraum, das von braunen Steifen eingegrenzt wird. Dies stellt ein Rohrstuhlgeflecht dar und wird links geschnitten von einem grauen Strich an dem mehrere senkrechte aperspektivische Linien liegen. Insgesamt sieht man einen Stuhl, dessen Sitzfläche aus einem Rohrstuhlgeflecht besteht, wie man ihn bei Stühlen in einem Café-Haus kennt. Auf diesem Stuhl scheinen Gegenstände platziert. 

Im linken oberen Bereich lassen sich Flächen erkennen, die gefalteten Papierblättern ähneln, darauf liegt Zigarette. Über den Blättern befinden sich die Buchstaben „JOU“ in fettgedruckter Druckschrift mit Serifen. „JOU“ steht hierbei für das französische „Journal“ und bedeutet Zeitung. Somit sollen die Blätter im Hintergrund die Zeitung darstellen, die auf dem Stuhl liegt. 

Im mittleren Bereich sind mehrere Gegenstände, die aus geometrischen Formen zusammen gesetzt wurden, erkennbar. Auf dem Rohrstuhlgeflecht scheint eine Art grauer Gefäß-Fuß zu liegen der einen Schatten darauf wirft. Geht man weiter nach oben identifiziert man eine Art tiefe Tellerform, die man aus einer Frontalansicht sieht. Diese beiden Gegenstände mit unterschiedlicher Perspektive sind durch weitere graue Flächen verbunden. Dadurch entsteht ein Kerzenständer. Über diesem Kerzenständer sind bräunlich-gelbe, zum Teil transparente Formen gemalt, welche um einen hellen Kreis herum verteilt sind: die auf dem Kerzenständer befindliche Kerze.

Auf der rechten Seite der Holzwand ist eine weiße Fläche mit einem großen Dreieck zu sehen, das nach links hin in einer Art Pentagramm mündet und rechts unten mit einer welligen Linie verbunden ist. Mit viel Vorstellungskraft und dem durch die Buchstaben angedeuteten Zusammenhang mit Frankreich, kann die Form als Muschelschale identifiziert werden. Anscheinend ist das Pentagramm die Verbindungsstelle der beiden Schalenhälften. Über dieser Muschel sind nochmals Formen zu sehen. Die eine sieht aus wie ein Spielzeugrad mit Speichen oder eine kleine Pizza. Um dieses Rad sind weitere Formen, eine davon ein Rechteck, das nach rechts „heraussteht“ aus diesen Flächen. Wenn man das Rad mit der Auster in Verbindung bringt erkennt man eine aufgeschnittene Zitrone und um diese Zitrone eine Art Zitronenpresse.
Somit sieht man einen Stuhl, auf dem eine Zeitung mit einer Zigarette, ein Kerzenständer mit einer  Kerze, eine Auster mit einer Zitrone in einer Zitronenpresse liegt.

Nun fragt man sich, wie man denn auf diese Interpretation des Bildes kommt.
Zum einen liegt das an dem Maler, Picasso, und zum anderen an dem Stil den er hier angewandt hat.

Pablo Picasso ist heute zwar berühmt für seinen späteren expressiven Kubismus und davor war er bekannt für seine eher klassizistisch wirkenden Malerei, auf welchen sich jedoch meist Menschen oder Tiere befinden. „Stillleben mit Rohrstuhlgeflecht“  beinhaltet aber Gegenstände und liegt zeitlich zwischen den beiden Stilen. Was hat also Picasso dazu gebracht von einem sehr klassischen Stil zu einem so abstrakten Stil zu wechseln?

Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Fotografie immer einfacher zu bedienen und immer peerfekter, somit wurde die traditionelle Malerei mit ihrem Streben nach Realismus und Illusionismus verdrängt. Viele Maler haben sich daher neue Stilrichtungen ausgesucht, wie Magritte und Duchamp. Sie fragten sich was die Malerei über das reine Abbilden hinaus noch könne. Es entstand z.B. der Dada-ismus, der die Sinnlosigkeit der Welt zum Thema hatte und die Kunst lächerlich machen wollte. Letztendlich hat auch Picasso mit seinem Malerfreund Georges Braque einen neuen Stil gefunden, den Kubismus.

Der Kubismus versucht wissenschaftliche Erkenntnisse in die Kunst miteinzubeziehen. Durch die Forschung Sigmund Freuds erkannte man, dass jeder Mensch die Wahrheit und Wirklichkeit individuell wegen seiner Erlebnisse, Herkunft, Religion, usw. wahrnimmt.

Picasso versucht daher in diesem Bild die Wirklichkeit vereinfacht mit geometrischen Formen (siehe: Muschelschale) darzustellen. Dazu verwendet er den analytischen Kubismus, der im Gegensatz zum synthetischen Kubismus die Gegenstände in Einzelteile zerlegt und neu anordnet. Durch diesen Stil werden die Dinge klarer, da sie auf ihre einfachste Form reduziert werden, aber auch komplizierter durch die neue Anordnung.
Das tückische an diesem Bild ist, dass die Grundformen nicht nur einen neuen Platz haben, sondern  auch noch aus verschiedenen Perspektiven dargestellt werden. Gegenstände, die normalerweise sukzessiv, also hintereinander, abgebildet werden, sind in diesem Bild SIMULTAN (gleichzeitig) aus den verschiedenen Betrachtungsweisen abgebildet (z.B.: Zeitung geht hinter der Kerze weiter). Man sah sich die Gegenstände von beispielsweise vorne, oben, links und rechts an und malte einzelne Teile aus dieser Sichtweise und setzte sie neu zusammen. Bei „Stillleben mit Rohrstuhlgeflecht“ hat Picasso versucht nur den realen Sehprozess darzustellen.
Unsere Wahrnehmung besteht nicht, wie eine Fotografie, aus nur einem Bild, sondern aus unzähligen. Das kommt zum einen von der inneren Dynamik des Menschen, der ständig in Bewegung ist, zum anderen davon, dass wir uns die Realität „zusammenzimmern“, da wir gleichzeitig zum Beispiel einen Stuhl sehen, uns aber im selben Moment daran erinnern, dass der Stuhl vier Beine hat, auch wenn wir sie nicht alle sehen. Mit diesen Erkenntnissen entstand dieses Bild von Picasso, in dem der Maler zum Denker wird und der Wahrnehmung auf der Spur ist.

Das damalige Publikum begegnete dieser Art von Bildern mit Unverständnis, da sie den Realismus und die perspektivische Raumdarstellung gewöhnt waren. Es war zu dieser Zeit revolutionär die Wahrnehmung des Individuums in den Vordergrund zu stellen und es auch noch auf diese Weise darzustellen. Man nannte Picasso einen Schmierer und Nichtskönner.

Deshalb hilft Picasso dem Betrachter mit diesem Schlüsselbild, „Stillleben auf Rohrstuhlgeflecht“, auf die Sprünge, indem er in das Bild verschiedene Realitätsebenen oder Realitätsstufen einfließen lässt. 

Die erste Stufe ist die illusionistische Transformation, die in dem Rohrstuhlgeflecht auf dem Bild zum Ausdruck kommt. Es ist ein Stück aus der Realität, das in dieses Bild eingefügt ist, doch es ist nicht das, wofür es gehalten wird. Das, was für ein Rohrstuhlgeflecht gehalten wird, ist eine auf das Bild aufgeklebte Wachstuchtischdecke (Collage), die mit dem fotografierten Muster eines Rohrstuhlgeflechts bedruckt ist. Somit tut die Wachstischdecke als wäre sie das Geflecht und durch das illusionistische Muster der Tischdecke wird ihr die Bedeutung des Rohrstuhlgefechts übertragen.

Über die Collage sind die Buchstaben „JOU“ gemalt. Sie symbolisieren die zweite Realitätsstufe, die abstrakte Transformation der Realität. Buchstaben sind weder real noch illusionistisch, sie sind keine Gegenstände, sie ermöglichen eine wörtliche Beschreibung von Dingen. Lettern sind abstrakt, da sie nichts darstellen, nur bezeichnen. Ihre Bedeutung wird, wie hier: die Blätter als Zeitung, übertragen.

Die letzte Realitätsebene in „Stillleben mit Rohrstuhlgeflecht“ ist die Realität selbst, die hier mit der umrahmenden Kordel dargestellt wird. Sie ist dreidimensional, tatsächlich da und stellt nur das dar, was sie ist.

Prinzipiell will Picasso durch „Stillleben mit Rohrstuhlgeflecht“, dass der Realitätsgehalt einer Abbildung infrage gestellt wird und der Maler als Denker und nicht als Handwerker fungiert.

Sonntag, 15. November 2015

Marcel Duchamp "Fontaine"


  • Marcel Duchamp ist am 28. Juli 1887 geboren und starb im Jahr 1968. Seine wichtigsten Werke entstehen in der Zeit des ersten Weltkrieges. 
    Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Dadaismus und als Begründer der Objektkunst. Er selbst nennt seine Objekte "Objet trouvé" (gefundener Gegenstand) bzw. Ready-Made (vorgefertigter Gegenstand).
     
  • Marcel Duchamps frühe Kunstwerke waren noch gemalte Bilder im kubistischen Stil. Sein Bild "Akt, eine Treppe hinabsteigend" wurde erstmals in der New Yorker Ausstellung "Armory Show" im Jahr 1913, bekannt. Zuerst fand seine Arbeit nur in Amerika Anerkennung. 

  • Sein Ready-Made "Fontaine", welches aus einem weißen Porzellan-Urinal, das um 90° gekippt wurde, besteht, wollte er 1917 in einer Ausstellung vorstellen. Obwohl er selbst in der Jury saß, wurde sein Werk nicht zur Ausstellung zugelassen. Das Objekt hatte er jedoch auch nicht mit seinem echten Namen signiert und eingereicht, sondern mit R. Mutt. 
    Der Name gibt keine Hinweise auf die eigentliche Funktion des Gegenstands. Fontaine bedeutet nämlich Wasserspiel oder klares Wasser und dabei denkt man dann nicht direkt an ein dreckiges Klo.

  • Marcel Duchamp liebte Wortspiele, dies kann man an seinen Pseudonymen sehen. Seine Pseudonyme haben meist einen doppelten Sinn. Sein Pseudonym R. Mutt, welchen er bei Fontaine verwendet, ist eine Lautmalerei, wobei "Mutt" ein amerikanischer Slang-Ausdruck für "Straßenköter" ist und das amerikanisch ausgesprochene R. für dessen Knurren steht.

  • Sein Konzept war es, die Erwartungen des Publikums an ein Kunstwerk auf den Kopf zu stellen. Statt eines handwerklich-virtuos hergestellten Einzelstücks wird maschinell hergestellte Massenware, deren ursprünglicher Designer unbekannt ist, durch Loslösung aus der ursprünglichen Funktion (Toilette), die Präsentation in einer anderen Umgebung (Galerie, Sockel) und die Signatur des Künstlers zu einem Kunstwerk erklärt.
    Ein Ziel seiner Aktion könnte es gewesen sein, den Blick des Betrachters auf die Eigenarten und die Schönheit der Form zu lenken. 
    Mit Sicherheit wollte er mit seinen Ready-Mades provozieren und die traditionelle, abbildende Kunst in Frage stellen. Nicht nur weil die Fotografie die Aufgabe des Abbildens viel genauer und schneller erledigte, sondern auch weil Duchamp in industriell hergestellten, technischen Formen eine unerreichbare Perfektion und Schönheit sah.
    Auch die politische Lage Europas, der Protest gegen den Ausbruch des 1.Weltkriegs könnte ein Grund für diese Provokationen gewesen sein.
    Ähnlich wie sein Objekt "Flaschentrockner" kann man in der Fontaine auch eine erotische Anspielung erkennen. Durch die Drehung entsteht eine Form, die an eine Vagina erinnert. 

Donnerstag, 12. November 2015

Trompe-l´oeil - Samuel van Hoogstraten

Steckbrett

Das Gemälde zeigt ein Steckbrett, auf dem verschiedene kleine Alltagsgegenstände aufbewahrt werden. Doch bei diesem Gemälde geht es nicht nur um das, was gemalt wurde, sondern viel mehr, wie der Name „Trompe-lóeil“ auch schon sagt, darum wie es gemalt wurde. „Trompe“ lässt sich als „täuschen“ übersetzen und „lóeil“ als „Auge“. Es handelt sich also um ein Bild, das das Auge täuscht. Auf den ersten Blick wirkt es auch gar nicht wie gemalt, sondern täuschend echt. Die sich im Hintergrund des Bildes befindende Holzplatte ist nicht sofort als Gemälde erkennbar und auch das Steckbrett an sich unterstützt die optische Illusion des Bildes, da kein Raum abgebildet wird, sondern eine Fläche mit flachen Gegenständen. Allgemein ist schwer zu sagen, was gemalt ist und was nicht, da aber bekannt ist, das es sich hierbei um ein Ölgemälde auf einer Leinwand handelt, ist der so echt wirkende Holzhintergrund also doch nur eine illusionistische Holzmaserung. Der Effekt hierbei hängt natürlich stark vom Licht im Raum und vom Standpunkt des Betrachters ab.

Den Illusionismus an sich, gibt es schon seit Anbeginn der Ölmalerei. Während im Mittelalter Perspektive und realistische Realität relativ unwichtig waren und der Betrachter viel mehr seine eigene Phantasie einbringen sollte, wurde mit der Malerei das Streben, die Realität so genau wie möglich darzustellen, immer größer. Besonders reizte der Illusionismus Künstler in der Spätrenaissance. Auch in Barockkirchen lässt sich anhand von gemalten Decken und verzierten Säulen, bei denen man versuchte, sie malerisch weiter zuführen, erkennen, dass Künstler von der Idee des Illusionismus fasziniert waren.

Wie bereits erwähnt, ist auf dem Gemälde ein Steckbrett zu sehen. Die Fläche an sich besteht aus einem Holzbrett und schwarzem Stoff, darüber sind horizontal zwei parallele Lederriemen gespannt um die Gebilde zu halten. An das Steckbrett sind größtenteils Alltagsgegenstände gehängt, wie zum Beispiel Hygieneartikel (Seife, Kamm und Rasierpinsel) und Schreibwaren (Bücher und Hefte, Feder und Brille).

Von diesen Gegenständen lebt Samuel van Hoogstratens Gemälde, denn sie sind es, die ein Vanitas-Stillleben ausmachen . In diesem Stillleben verstecken sich sogar neben dem Wachs, dem Messer und den Büchern als klassische Zeichen der Vergänglichkeit, welche auf vielen Gemälden dieser Art zu finden sind, noch weitere Symbole, die sich auf eine andere Bedeutung bzw. Form des Vanitasgedankens beziehen. Denn Vanitas kann nicht nur als „Vergänglichkeit“ verstanden werden, sondern besitzt „Eitelkeit“ als weitere Übersetzungsmöglichkeit. Solche besonderen Elemente wären zum Beispiel, der Läusekamm, die Seife und der Rasierpinsel. Als Hilfsmittel zur Körperpflege symbolisieren sie Reinlichkeit. Es wird also auf Äußeres Wert gelegt und geachtet - ein Zeichen von Eitelkeit. Dies galt damals sogar als eine der sieben Todsünden und war verpönt.
Allerdings könnten hier die Hygiene-Artikel auch als Hinweis auf das Streben nach "innerer Reinheit" interpretiert werden.

Bei genauerem Hinsehen ist auf den Büchern und Heften der Name des Malers zu erkennen, was zunächst einmal nicht auffällig ist, da Samuel van Hoogstraten auch Schriftsteller war. Allerdings könnte man in diesem Fall auch von einem Selbstportrait sprechen, nur ohne Abbild, jedoch stellvertretend mit Dingen, die ihm wichtig sind. Samuel van Hoogstraten war sein Dasein als Schriftsteller sogar wichtiger als das als Künstler. Auch wenn zu seiner Zeit die Qualität des Bildes am Illusionismus gemessen wurde, war für ihn Illusionsmalerei eigentlich nur ein Handwerk. Er schätzte das Schreiben mehr, da er dort etwas frei erfinden konnte, wie z.B. Phantasiewelten. Später hat er es sogar abgelehnt, so weiter zu malen.

Die Persönlichen Werte

 
 
 

 
 
Rene Magritte (1898-1967) war ein belgischer Maler, er ist als ein sehr beliebter Maler bekannt, jedoch war er bei anderen Malern sehr umstritten, da seine Werke eher von seinen Ideen lebten anstatt von der Eleganz der Malerei.
 
Das Bild „les valeurs personelles“ (persönliche Werte) stellt einen Raum als Basis des Bildes dar. 
 
Die Perspektive des Bildes ist die Zentralperspektive, der Fluchtpunkt ist in der Mitte des Bildes.


Der Raum ist wie eine Theaterbühne oder Guckkasten aufgebaut, die rückwärtige Wand ist parallel zur Bildfläche, die beiden verkürzten seitlichen Wände schließen das Bild ab (die oberen beiden Fluchtlinien gehen in die oberen beiden Ecken des Bildes).
Der Horizont ist in der Mitte des Bildes zu erkennen, Horizontlinie befindet sich bei dem Glas des Bildes.
 
Insgesamt hinterlässt der Raum einen eher abgenutzten und alten Eindruck, da die Decke gesprungen ist und die Ecken sehr schmuddelig sind. Dieser Eindruck soll an die Herkunft des Malers erinnern, da er aus einer ärmeren Bergbaugegend stammt. Der Einrichtungsstil erinnert an eine Arbeiterwohnung.
 
Es ist unklar, woraus die Zimmerwände bestehen. Auf der Wand bzw. Tapete wird ein Wolkenhimmel  dargestellt, was dazu führt, dass man ebenso einen Außenraum wahrnehmen kann, den man durch Glaswände hindurch sieht.
Die Wolken passen sich nicht der Wandform an, da keine perspektivische Verkürzung vorhanden ist, man kann aber deutlich die verstaubten Ecken der Wand erkennen.
Es gibt keine Möglichkeit, die Beschaffenheit der Wand endgültig zu klären, ihre Natur bleibt ambivalent (zweideutig).
 
In der Mitte des Bildes ist ein stark vergrößertes blaues Weinglas zu erkennen.
Des Weiteren ist ein Bett in der linken Hälfte des Bildes zu erkennen, auf dem ein vergrößerter Kamm steht.
In der rechten hinteren Ecke des Bildes ist ein Schrank mit einem Spiegel zu sehen, jedoch ist der Spiegel einerseits sichtdurchlässig, auf der anderen Seite reflekiert er die vor dem Schrank liegenden Gegenstände, auch hier ist nicht eindeutig zu erkennen, ob die Schranktür tatsächlich ein Spiegel ist, oder ein Durchgang in ein Nachbarzimmer.
Das Bett und der Schrank scheinen aus dem selben Material zu sein (ockerfarbenes Holz).
Auf dem Schrank liegt ein riesiger Rasierpinsel.
Außerdem ist eine vergrößerte Seife als auch ein vergrößertes Streichholz zu sehen.
Hinter dem Schrank befindet sich ein Fenster, was die Beleuchtung beeinflusst. Da sich das Fenster auf der rechten Seite befindet wird die Beleuchtung des Zimmers links heller dargestellt.

Die Größenunterschiede des Bildes sind möglicherweise durch ihre Bedeutung für den Maler zu erklären. (Bedeutungsgröße)
Rene Magritte war ein Surrealist (innere Vorgänge sind bedeutend, was er fühlt und empfindet, wichtiger als Realität)
Jedoch werden im Bild die Dinge so realistisch dargestellt, als ob sie wahr wären.
Dieser Gegensatz führt zu einem Widerspruch. Die Gegenstände des Bildes sind in ihrer Größe  aufeinander bezogen. 

In dem Bild wird das Vanitas Stillleben in der Moderne dargestellt. Auf diese Erkenntnis lässt die Interpretation der Gegenstände schließen (vgl. Trompe l´oeil Stilleben von Hoogstraten). Der Kamm, der Pinsel und die Seife stehen für die Reinheit und das Streichholz für die Vergänglichkeit, auch der Spiegel ist ein typisches Vanitasmotiv. Das Bild könnte eine Art Selbstporträt sein, das auf Magrittes Herkunft (Zimmer), seine Vorlieben (Gegenstände) und seinen Glauben an die Freiheit der Fantasie (Wolkenhimmel) anspielt.


 

DAS VANITAS STILLLEBEN



Jacob Marrell : Vanitas Stillleben mit Blumenstrauß, Geige und Totenschädel (1637)

"Vanitas" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Eitelkeit. Zu der Zeit als dieses Gemälde entstanden ist, war jener Begriff gleichbedeutend mit "Wertlosigkeit" und "Vergänglichkeit",was durch die symbolischen Bedeutungen der im Bild vorkommenden Motive dargestellt werden soll.
Die Grundidee des Vanitas-Stilllebens ist es nämlich den Menschen vor Augen zu halten, dass aller irdischer Besitz vergänglich und wertlos ist.
Es kann also als ein Appell verstanden werden die kurze Zeit, die dem Menschen auf der Erde verbleibt zu nutzen und sich nicht an weltlichen Dingen festzuhalten. Dies ist ganz im Sinne des Leitgedanken der zugehörigen Epoche (Barock): "CARPE DIEM", welches in dem Gemälde durch die zahlreichen sinnbildlichen Gegenstände repräsentiert wird, die in der Mauernische angesammelt sind.

"Vanitas-Stillleben können in unterschiedlichster Form auftreten. So malte der Niederländer Abraham van Beyeren u.a. großartige Prunkstillleben, in denen der ganze Reichtum des damaligen Holland sichtbar wird. Voller Symbole steckt hingegen das 'Vanitas-Stillleben mit Blumenstrauß, Geige und Totenschädel'." (Grundkurs Kunst 1, S.48)

Diese sind am leichtesten zu erkennen und zu verstehen, wenn man bei der Betrachtung des Bildes systematisch vorgeht. Hier bietet es sich an mit den vordergründigen Erscheinungen zu beginnen und sich dann immer weiter in den Hintergrund hinein zu arbeiten.

Das Gemälde weist bei intensiver Betrachtung also verschiedene, versteckte Botschaften, durch vom Künstler gezielt eingesetzte Symbole auf: ( Reihenfolge nach Auffälligkeit)
  1. Verwelkender Blumenstrauß: kurze Beständigkeit eines Menschenlebens, trotz seiner Schönheit
    Bedeutung der verschiedenen Blumenarten:
    1.Weiße Madonnen-Lilie: Jungfräulichkeit, Unschuld, Reinheit
    2.Tulpen: Spekulation, Leichtsinnigkeit, Vergänglichkeit, Symbol der Niederlande
    3.Rosen: Liebe, Freude, Jugend
  2. Gläserne Blumenvase: "Zerbrechlichkeit" des menschlichen Lebens
  3. Geige und Notenbuch (Spiegelung in der Vase): Ablenkung der Menschen und Vergeudung begrenzter, kostbarer Zeit
  4. Totenkopf im Hintergrund: Erinnerung an die Sterblichkeit, trotz der Freuden des Lebens im Vordergrund, z.B.: Geige, Blumen etc.
    ... Diese Gegenstände befinden sich in der Bildmitte und verkörpern somit die zentralen Aussagen des Gemäldes
  5. Pfeife und Tabak: Genuss, Verweis auf Geruchs- und Geschmackssinn
  6. verglimmende Lunte: unaufhaltsam verrinnende Lebenszeit des Menschen
  7. teilweise geschälte Zitrone: Verweis auf Geruchs- und Geschmackssinn
  8. Ring, Goldmedaille und -münzen: Wertlosigkeit weltlichen Ruhms und Reichtums
  9. Messer: Verletzlichkeit, Symbol der männlichen Sexualität
  10. Schreibfeder im Tintenfass: Symbol literarischen Ruhms (entfernte Möglichkeit einer Art "Unsterblichkeit", durch Würdigung geschaffener Werke in der Nachwelt, die jedoch nur den wenigsten Menschen zuteil wird)
  11. An Krümeln nagende Maus: Anspielung auf die Hungersnot und Epidemien im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648)
  12. Eidechse: Symbol für das Böse(kleiner Drache)
  13. Libelle: früher für lebensbedrohlich giftig gehaltenes Insekt
  14. Schmetterling: Symbol der Reinkarnation und Unsterblichkeit
  15. Bücher unter dem Totenkopf: Auslöschen des Wissens nach dem Tod
  16. Engels-Putte mit Seifenblasen: Paradoxon, Zeichen der Flüchtigkeit irdischen Lebens
  17. Engels-Putte mit Sanduhr: verfließende Lebenszeit des Menschen
  18. Tötenköpfe hinter Engelsputten: Omnipräsenz des Todes, selbst bei religiösen Motiven
  19. Spiegelung in der Vase: Selbstportrait des Künstlers, Eitelkeit

Verbindung der Vanitas-Symbolik mit der Thematik der fünf Sinne:
  • Sehsinn: Blumenstrauß, Totenkopf und Bücher
  • Gehör: Geige und Notenbuch
  • Geruch: Blumenstrauß, Tabak und Zitrone
  • Geschmack: Tabak und Zitrone
  • Tastsinn: Geige, Goldmünzen

Hintergründe und Interpretation des versteckten Selbstportraits:
Jacob Marrell, der 1614 in Frankenthal als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren wurde, war der einzige Schüler Georg Flegels, der ihn das Malen lehrte. Das durfte damals durchaus als Privileg verstanden werden, weil zu dieser Zeit der Dreißigjährige Krieg wütete.
Deshalb verschlug es Marrell durch die dortige Entwicklung im Bereich der Stillleben in die Niederlande nach Holland. Holland war die Hochburg eines strengen Calvinismus, von dessen Anhängern gefordert wurde, allem Weltlichen zutiefst zu misstrauen, ein streng moralisches Leben zu führen und alle Vergnügen zu meiden. Hätte ein Künstler unter diesen Umständen ein Selbstportrait von sich geschaffen, hätte man diesen für eitel, stolz und narzisstisch gehalten, weil er sich selbst für würdig genug befunden hätte, gemalt zu werden.
Dennoch wollte Jacob Marrell sich in irgendeiner Form auf seinem Werk verewigen, weshalb er sich dazu entschied ein Vanitas-Stillleben anzufertigen und dabei genau den Anblick auf die Leinwand zu projizieren, der sich ihm bot, was seine eigene Reflexion miteinschloss.
So konnte er die Abbildung von sich selbst als eine Maßnahme präziser und detailgetreuer Handwerkskunst rechtfertigen, ohne dabei eitel oder stolz zu wirken. Es handelt sich also sozusagen um ein Bild im Bild.

Die Vanitas- Philosophie:
Die Vanitas-Philosophie ist eine Kombination aus dem mittelalterlichen Mahnspruch "MEMENTO MORI" ("Bedenke, dass du stirbst!") und dem barocken Leitgedanken "CARPE DIEM" ("Nutze den Tag!").
Zusammengefasst heißt das: "Das Leben ist schön, aber kurz, deshalb nutze und genieße es, bedenke dabei jedoch stets die Folgen deiner Taten!"








Quellverzeichnis: