Dienstag, 24. Juni 2014

Marcel Duchamp: Flaschentrockner, 1914




Flaschentrockner

Gegenstand

Das Kunstwerk ist ein sogenanntes ready-made, ein Gestell zum Trocknen von Flaschen mit einer Höhe von 64,2 cm. Anfang des 20. Jahrhunderts war es ein simpler Alltagsgegenstand, dessen Aussehen durch seine Funktion, möglichst platzsparend und effektiv viele Flaschen zu trocknen, bestimmt war.
Damals war es üblich, Getränke beim Hersteller selbst oder in Kneipen in die eigenen mitgebrachten Gefäße abzufüllen. Demnach musste man sie selbst dorthin mitbringen und war selbst für die Säuberung verantwortlich.

Kunstwerk 

Auf dem unterste Reifen des Flaschentrockners findet man die Aufschrift „7/8“, was eine Auflage, wie bei einer Druckgrafik, kennzeichnet. Es gibt also insgesamt 8 Exemplare dieses Werks, wobei dieses das siebte ist. (Für einen Sammler ist diese Information wichtig, da eine geringe Auflage wertvoller ist als eine hohe.)
Außerdem ist das Werk mit dem Namen "Marcel Duchamp" signiert.

Durch die Signatur und die Angabe einer Auflage erhebt Duchamp diesen Gegenstand, den er weder selbst hergestellt noch irgendwie verändert hatte, sondern lediglich ausgewählt und gekauft, in den Rang eines Kunstwerks. 
Dadurch, dass er diesen Flaschentrockner aus seiner gewohnten Umgebung (der Küche) nimmt und stattdessen in eine Galerie auf einem Sockel ausstellt, wird der Betrachter aufgefordert, das Objekt mit neuen Augen zu sehen.

Interpretationsansätze 

   - Wenn man die ursprüngliche Funktion nicht kennt sieht man einen Gegenstand der skurril und sinnlos wirkt. Durch seine Stacheln bekommt er etwas Bedrohliches, Abweisendes oder Aggressives. 
Wenn man sich jedoch die Spitzen wegdenkt, bleibt die Form eines Reifrocks oder Korsett (-> weibliche Form), was natürlich weitere Anspielungen ermöglicht.

-  Durch die Entfernung des Alltags-Kontextes wird auf die künstlerische Leistung des anonymen Entwerfers des Flaschentrockners Aufmerksam gemacht

- Die Frage "Was ist Kunst" wird aufgeworfen - ist alles "Kunst" was ein "Künstler" macht?

Die zeitgenössischen Künstler ärgerten sich natürlich über dieses Kunstwerk, da es nicht schwer herzustellen war und fragten sich, was daran Kunst sein sollte.
Duchamp möchte andere Künstler, das Virtuosentum und das Bildungsbürgertum verspotten und grenzt sich von ihnen ab.


- Pseudonym Duchamps: aus "Marcel Duchamp" wird „Marchand du Sel“ (= Salzverkäufer)
-> Der Künstler bietet die Würze des Lebens, macht aus alltäglichen Dingen Kunst, verwandelt Unedles in Wertvolles.





Marcel Duchamp & der Dadaismus

Duchamp wendet sich früh von der Malerei ab, da er erkennt, dass er Picasso nie das Wasser reichen könnte.
Der Dadaismus ist eine Bewegung, die Literatur, Musik, Tanz und bildende Kunst erfasst. Ihre Arbeiten provozieren durch ihre scheinbare Sinnlosigkeit, ihr chaotisches Erscheinungsbild und ihre Ablehnung der Werte der traditionellen Kunst, wie Virtuosität oder tiefsinning Bedeutung.
Den Grund dafür kann man in der Abscheu der Dadaisten über die Begeisterung ihrer Zeitgenossen für den Krieg in Europa sehen. Die gebildeten Eliten Europas, auch viele Künstler, sahen im Krieg die Chance Europa politisch und moralisch zu erneuern. Die Dadaisten dagegen sahen die Schrecken des Krieges ohne romantische oder idealistische Verblendung voraus.
Viele Dadaisten versammelten sich in der neutralen Schweiz, auch Duchamp verlässt Frankreich. 


Protokoll: P.S. 1KU1 2013/14



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