Donnerstag, 1. Januar 2015

Samuel van Hoogstraten: Steckbrett

Samuel van Hoogstraten  "Steckbrett"  (1660)


Ölgemälde auf Leinwand aus dem Barock


Dargestellt ist ein Alltagsgegenstand aus der Zeit des Barock, ein sog. Steckbrett, auf dem verschiedenste kleine Gegenstände aufbewahrt werden konnten.
Das Außergewöhnliche an diesem Bild ist zunächst nicht der Inhalt, sondern die Malweise. Die Gegenstände sind akribisch genau wiedergegeben, aus der Entfernung ist es leicht möglich, das Bild mit dem realen Gegenstand zu verwechseln. Selbst aus der Nähe betrachtet ist es schwer zu sagen, ob die Holzplatte, die als Grundlage des Steckbretts dient, auch gemalt oder tatsächlich echt ist. Da es sich hier um ein Ölbild auf Leinwand handelt, klärt sich diese Frage auf: auch die Holzmaserung ist eine Täuschung. 
Man nennt diese Art von malerischer Sinnestäuschung Trompe-l´oeil-Malerei.
Diese Art von hyper-realistischer Darstellung wurde schon in der Antike als Zeichen großer Virtuosität geschätzt und prägt auch heute noch vielfach die Vorstellung von künstlerischem Können.


Beschreibung des Bildes:
Auf einem flachen Holzbrett, das zum Teil mit schwarzem Stoff überzogen wurde, sieht man Gegenstände, die zwischen waagrecht gespannte, schmale rote Bänder gesteckt wurden.
Einerseits werden viele Hygienegegenstände dargestellt (z.B. Seife, Kamm usw.) andererseits sind auch viele Schreibutensilien, Bücher und Hefte zu sehen (z.B. Schere, Brief, Siegelwachs, Brille usw.) Mittig im Bild ist noch ein goldener Orden an einer Kette abgebildet.

Deutung:
Der Künstler van Hoogstraten arbeitet in diesem Bild einerseits mit den typischen Gegenständen des Vanitas-Stilllebens , die Schere steht beispielsweise für das Abschneiden des Lebensfadens und die Hygienegegenstände stehen für Eitelkeit.
Andererseits bezieht sich die Auswahl der Objekte auf ihn selbst und somit entsteht ein verstecktes Selbstportrait. Bücher und Schreibgeräte weisen auf seine schriftstellerisches Werk hin, auch die Ehrenkette wurde ihm dafür verliehen, die Hygiene-Gegenstände beschreiben ihn als reinlichen Menschen, bzw. im übertragenen Sinne, als Menschen reinen Herzens.
Die Verwendung des Trompe-l´oeil kann man als Beweis für sein malerische Können sehen, obwohl Hoogstraten selbst die Technik nicht als künstlerische Herausforderung sieht, sondern eher als Möglichkeit den Laien zu beeindrucken.

Die Ambivalenz zwischen Selbstdarstellung und Bescheidenheit in diesem Werk ist typisch für die Lebenseinstellung des barocken Menschen. Der Vanitasgedanke erinnert den Menschen an die Nichtigkeit irdischer Güter und Genüsse und an die Vergänglichkeit des Ruhms. Die Eitelkeit gilt sogar als eine der Sieben Todsünden.
Andererseits hatte sich das Selbstverständnis des Menschen -und vor allem des Künstlers- seit der Renaissance zu einer größeren Wertschätzung des Individuums und seiner Leistung entwickelt. 
Das "indirekte Selbstportrait" Samuel van Hoogstratens ist möglicherweise ein Kompromiß zwischen gesellschaftlich geforderter Zurückhaltung und Stolz auf die persönliche Leistung.

Protokoll : J. L. Q11 2014/15

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